Im August 2019 war ich drei Wochen im Loiretal bei der Gendarmerie Saint- Jean-de-Monts.Saint-Jean-de-Monts ist ein Touristenort an der französischen Atlantikküste mit 9000 Einwohnern. Insbesondere in den Sommermonaten Juli und August kommen viele Urlauber nach Saint-Jean-de-Monts. Der Ort besitzt unzählige Campingplätze, Restaurants und eine Strandpromenade. Insbesondere zur Nachtzeit werden die dortigen Bars von den Touristen besucht.
Auf Grund der erheblichen Anzahl der Touristen erhält die Gendarmerie in Saint-Jean-de-Monts in der Hauptsaison Verstärkung durch die „mobile Gendarmarie“ (in etwa vergleichbar mit der Bereitschaftspolizei), die Reiterstaffel der „Garde républicaine“, „Reservisten“ (pensionierte Gendarme) und die deutsche Polizei. Die Einsatzschwerpunkte liegen insbesondere bei Diebstahlsdelikten, Hilfeersuchen von Touristen, Verkehrsüberwachung und in der Nacht bei Aggressionsdelikten durch alkoholisierte Touristen.
Besondere Einsätze
Jährlich findet im August ein großes Abschlussfeuerwerk in Saint-Jean-de-Monts statt. Dafür wurde ein aufwändiges Sicherheitskonzept ausgearbeitet, das unter anderem Sperrzonen im gesamten Bereich des Ortskerns vorsieht. Auch das Militär wurde wegen der latenten Terrorgefahr angefordert. Das Militär ging mit Langwaffen über die gesamte Strandpromenade Patrouille. Das führte mir erneut vor Augen, wie präsent das Thema Terror nach diversen Anschlägen in Europa und insbesondere in Frankreich ist.
Auch Verkehrsüberwachung ist ein Schwerpunkt der Arbeit der Gendarmerie in Saint-Jean-de-Monts.Viele Touristen fahren unter dem Einfluss von Alkohol.
Trauriger Einsatzanlass
Ein Einsatz zum Suizid einer 63-Jährigen französischen Touristin wird mir besonders im Gedächtnis bleiben. Die Frau war mit ihrem sieben jährigen Enkel auf einem Campingplatz im Urlaub. In den frühen Morgenstunden erhängte sie sich im Vorzelt und wurde von ihrem Enkelsohn leblos aufgefunden. Die Überbringung der Todesnachricht an die Tochter der Verstorbenen gestaltete sich besonders schwierig, da diese zugleich mitgeteilt bekam, dass ihr siebenjähriger Sohn seine Großmutter aufgefunden hat und derzeit zwecks psychologischer Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Neben der Sachverhaltsaufnahme vor Ort stellte sich die Betreuung des siebenjährigen Jungen als besondere Herausforderung dar.
Hintergrund zur Gendarmerie
Zwischen der Gendarmerie und der Polizei (Police Nationale) gibt es interessante Unterschiede. Die Gendarmerie gehört zum Militär und ist aus diesem Grund anders aufgebaut. Ein Gendarm arbeitet nicht zu einer festen Wochenstundenanzahl. Sein Arbeitstag besteht häufig aus Bereitschafts- und festgelegten Patrouillenzeiten. Gendarme müssen stets damit rechnen, zu einem Einsatz während der Bereitschaftszeit gerufen zu werden. Daher leben sie in Wohnungen und Häusern der Gendarmerie auf dem Kasernengelände oder in unmittelbarer Nähe. Das ermöglicht ein schnelles Einschreiten.
In stärker frequentierten Zeiträumen greift die Gendarmerie zur Aufstockung ihrer Personalstärke auf so genannte „Reservisten“ zurück. Hierbei handelt es sich um pensionierte Gendarme, die insbesondere in den Sommermonaten den aktiven Kollegen aushelfen. Doch auch junge Gendarme haben die Möglichkeit, einen Reservistenvertrag anzunehmen, um z.B. an einer Universität studieren zu gehen. Es steht den jungen Reservisten dann jederzeit offen, wieder in den aktiven Dienst zurückzukehren.
Fazit
Ich hatte den Eindruck, dass alle Kollegen, die ich in Saint-Jean-de-Monts kennengelernt habe, stolz waren, „Gendarme“ zu sein. Von den Kollegen auf der Wache wurde ich freundlich aufgenommen und sie gaben mir das Gefühl, Teil ihrer „Brigade“ zu sein. Merci pour cette expérience! Je reviens!